fruitweb Modell Befruchtung und Ausdünnung
Befruchtung beim Apfel
Die Befruchtung von Apfelblüten ist ein komplexer Vorgang, der sich in folgende Abschnitte einteilen lässt:
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- Bestäubung: Pollen einer anderen Sorte gelangt meist durch ein Insekt auf die Narbe (Stigma) der Blüte.
- Befruchtung in drei Schritten:
- Die Pollenkörner quellen in Abhängigkeit von der Luftfeuchtigkeit auf der feuchten Oberfläche der Narbe rasch auf und beginnen zu keimen.
- Die Pollenschläuche wachsen durch den Griffel zur Samenanlage (hier setzt das Modell an.)
- Die Erbanlagen verschmelzen dort mit der Eizelle
Eine erfolgreiche Befruchtung ist von verschiedenen Faktoren abhängig:
- blütenbesuchende Insekten in der Obstanlage
- Eignung des Pollens der bestäubenden Sorte (Äpfel sind auf sortenfremden Pollen angewiesen)
- Länge des Griffels: diese schwankt je nach Sorte zwischen 7 und 11mm. Je länger der Griffel, desto länger benötigt ein Pollenschlauch, bis er zur Eizelle gelangt
- Temperatur: sowohl die Aktivität der bestäubenden Insekten als auch das Pollenschlauchwachstum ist stark temperaturabhängig
Modellierung des Pollenschlauchwachstums
Untersuchungen an der Virginia Tech Universität in den USA haben ergeben, dass der der Griffel unterschiedlicher Apfelsorten im Durchschnitt 9.7mm lang ist. Die Wachstumsgeschwindigkeit des Pollenschlauches wurde im Labor bei verschiedenen Temperaturen bestimmt, so dass eine Temperatur/Wachstumsgeschwindigkeit Tabelle verwendet werden kann, um den Zeitpunkt einer Befruchtung der Blüte zu ermitteln. Mit diesen Informationen lässt sich ein Modell entwickeln, das geeignet ist, die Güte der Befruchtung einer Apfelsorte abzuschätzen.
Das fruitweb Befruchtungsmodell nimmt an, dass sich jeden Tag um 12 Uhr Pollenkörner auf die Narbe frisch geöffneter Blüten gelangen. Es beginnt das Pollenschlauchwachstum (grüne Linie) [1]. Erreicht der Pollenschlauch die durchschnittliche Griffellänge von 9.7mm, so kann davon ausgegangen werden, dass diese Blüten erfolgreich befruchtet wurden [2].
Blüten altern und eine Befruchtung erfolgt meist in den ersten Tagen. Ist die Temperatur in der Blüte zu niedrig, so werden nicht alle Blüten befruchtet. Das Modell nimmt an, dass eine Eizelle in der Blüte entweder innerhalb von 4 Tagen befruchtet ist, oder stirbt. Aus diesem Grund wird in der Simulation die Kurven nach 5 Tagen abgebrochen [3].
Ausdünnung mit die Blütenorgane verätzenden Mitteln
Die obige Methode zur Abschätzung der Befruchtungssituation ermöglicht es bei der Ausdünnung mit verätzenden Präparaten die günstigen Behandlungstermine zu ermitteln. Im Idealfall lässt sich durch das Modell ermitteln, wann es zu einer Befruchtung der Königsblüten gekommen ist. Wird nach diesem Zeitpunkt eine Behandlung durchgeführt, so wird der Fruchtansatz bei allen Blüten gestört, bei denen es noch nicht zur vollständigen Befruchtung gekommen ist. Im Modell wird dies durch ein Zurücksetzen der grünen Linien kenntlich gemacht [4]. Blüten, die sich nach der Behandlung öffnen und bestäubt werden können wieder befruchtet werden. Um hier den Fruchtansatz zu verhindern müsste eine erneute Behandlung erfolgen, bevor der Pollenschlauch die Befruchtungslinie erreicht [5].
Berücksichtigung weiterer Faktoren
In dem Modell werden sortenspezifische Unterschiede noch nicht berücksichtigt. Leider gibt es im Augenblick keine Informationen über die Griffellänge der in Mitteleuropa aktuellen Apfelsorten.
Hinzu kommt, dass die Bestäubungssituation stark von den örtlichen Gegebenheiten abhängig ist (Befruchtersorten, bestäubende Insekten). Ein weiterer Punkt ist die relative Luftfeuchtigkeit. Ist diese während des Bestäubungsvorgangs zu gerung, so kann die Keimung des Pollens beeinträchtigt werden.
Bei der Entscheidungen zur Behangsregulierung sind diese Gegebenheiten deshalb unbedingt mit zu berücksichtigen.
Literatur
Candace N. DeLong , Keith S. Yoder, Leon Combs , Richard E. Veilleux, and Gregory M. Peck. (2016). Apple Pollen Tube Growth Rates Are Regulated by Parentage and Environment. Journal of the American Society for Horticultural Science. 141(6):548–554
Khalil R. Jahed1and Peter M. Hirst. (2017). Pollen Tube Growth and Fruit Set in Apple. HORTSCIENCE 52(8):1054–1059
Yoder, K. S., Peck, G. M., Combs, L. D., Byers, R. E., & Smith, A. H. (2013). Using a pollen tube growth model to improve apple bloom thinning for organic production. In Acta Horticulturae. https://doi.org/10.17660/ActaHortic.2013.1001.23