fruitweb Prognosemodell Apfelsägewespe
Das fruitweb Prognosemodell zur Apfelsägewespe ist ein komplexes Modell zur Simulation der Populationsentwicklung dieses bedeutenden Schadinsekts im Apfelanbau. Folgende Aussagen können mit dem Modell gemacht werden:
- Wann ist mit dem Schlupf und dem Flugbeginn der adulten Tiere zu rechnen und wie ist der Flugverlauf [1]. Auf der Grundlage dieser Information kann der optimale Termin zum Aufhänger der Weißtafeln gefunden werden [2].
- Simulation der täglichen Flugaktivität und Eiablage [3] durch die adulten Weibchen. Da die Eiablage nur in den Blütenboden frisch geöffneter Blüten erfolgt, wird der Blühverlauf simuliert [4]. WICHTIG: Das Modell kann nur gute Ergebnisse liefern, wenn der Blühbeginn der jeweiligen Sorte exakt angegeben wird.
- Entwicklung der verschiedenen Eistadien [5] bis hin zum letzten Eistadium („Rotaugen-Stadium“) [6]. Bestimmung des günstigsten Spritztermins für larvizide Präparate (z.B. Quassia), wenn 2 % der Larven geschlüpft sind [7].
Ende der Diapause
Die Apfelsägewespe überwintert in einem Vorpuppenstadium im Boden. In diesem Stadium, das auch Diapause genannt wird erfolgt keine Entwicklung. Etwa 3 bis 4 Wochen vor dem Schlupf der adulten Tiere ist die Diapause beendet und die Tiere entwickeln sich von der Puppe zu geflügelten Tieren. Für die Berechnung des Schlupftermins der adulten Tiere muss das Ende der Diapause festgelegt werden. Hier für gibt es drei Einstellmöglichkeiten [10]:
- Fixes Datum 15. März: Graf et. al. (1996) haben herausgefunden, dass bei der Festlegung des Endes der Diapause auf den 15. März und der Berechnung anhand der Bodentemperatur eine gute Prognose des Schlupftermins erfolgen kann. Da kaum Wetterstationen mit Bodentemperatursensoren in Obstanlagen zur Verfügung stehen hat Trappman (2016) die gleiche Methodik mit angepassten Parametern auf die Lufttemperatur angewendet und ebenfalls passable Ergebnisse erzielt. Es zeigt sich jedoch, dass in Jahren mit sehr früher Blüte dieses Verfahren nicht funktioniert (z.B. 2020).
- Berechnung Diapause-Ende: aufgrund der Schwächen des obigen Verfahrens hat die fruitweb GmbH ein verändertes Verfahren entwickelt. Statt eines fixen Datums wird das Ende der Diapause mit Hilfe einer Temperatursumme berechnet. Erste Untersuchung haben gezeigt, dass sich mit dieser Methode der Schlupf der adulten Tiere sehr viel besser Prognostizieren lässt. So hat das verfahren auch in dem extrem frühen Jahr 2020 sehr gute Ergebnisse geliefert.
- 100% adulte Tiere: Mit dieser Einstellmöglichkeit wird nicht das Ende der Diapause festgelegt. Es wird vielmehr bestimmt, dass der Schlupf der adulten Tiere nicht simuliert wird, sondern, dass das Modell während der Blüte davon ausgehen soll, dass immer 100% der Tiere in der Anlage vorhanden sind. Es ist somit ein Sicherheitseinstellung.
Das Ende der Diapause und der Schlupf der adulten Tiere wird in der unteren Zeile angezeigt. Kurz vor dem Flugbeginn wird das Aufhängen der Weißtafel mit einer vertikalen Linie signalisiert [4].
Flugaktivität der adulten Tiere
Adulte Sägewespen fliegen erst bei einer Temperatur ab ca. 11°C und nur während des Tages. Ihre Flugaktivität ist am höchsten an sonnigen, windstillen Tagen [3]. Für die Simulation der Flugaktivität und damit auch der Eiablage durch die Weibchen wird im Augenblick nur die Temperatur herangezogen. Es ist jedoch geplant hier in Zukunft auch die Windgeschwindigkeit und die Sonnenscheinintensität mitzuberücksichtigen.
Eiablage und Blüte
Die adulten Weibchen legen ihre Eier ausschließlich in den Blütenboden frisch geöffneter Blüten (bevorzugt werden Königsblüten am mehrjährigen Fruchtholz). Aus diesem Grund ist es sehr wichtig, den exakten Blühbeginn anzugeben [11]. In der mittleren Grafik wird dann der Verlauf der frisch geöffneten Blüten angezeigt [4]. In der oberen Gafik werden schließlich die frisch abgelegten Eier, die Eistadien 2 bis 5 [5] und das kritische „Rotaugen“-Stadium [6] angezeigt. Für die Intensität der Eiablage ist nicht die Zahl der geöffneten Blüten, sondern nur die Intensität der Flugaktivität verantwortlich. Es wird also davon ausgegangen, dass sobald Blüten geöffnet sind, deren absolute Zahl die Eiablage nicht einschränkt.
Larvenschlupf und Beginn der Diapause
Die Larven in der ersten Frucht werden in einem dunklen grau dargestellt [8]. Die Larven in den Folgefrüchten hellgrau [9]. Für diese Stadien gibt es kaum gesicherte Daten, so dass die Darstellung nur eine ungefähre Einschätzung der Situation wiedergibt. Die Abnahme der hellgrauen Fläche stellt schließlich das Vergraben der Larven im Boden und den Eintritt in die Diapause dar.
Prognose des Spritztermins
Im ökologischen Obstanbau wird je nach Zulassungssituation mit Quassia kurz vor dem Schlupf der Larven behandelt. Im Prognosemodell wird dieser Termin bestimmt, wenn 2% der Larven geschlüpft sind. Dies wird durch einen vertikalen Strich kenntlich gemacht [7]. Je nach Witterung kann sich der Larvenschlupf länger hinziehen, so dass unter Umständen eine weitere Behandlung erforderlich ist. Auf diesen Umstand geht das Modell jedoch NICHT ein.
Literatur:
GRAF B.,HÖHN H.,HÖPLI H. U., 1996a.-The apple sawfly, Hoplocampa testudineaKlug (Hymenoptera, Tenthredinidae): a temperature driven model for spring emergence of adults.-Entomologia Experimentalis et Applicata, 78: 301-307.
GRAF B.,HÖPLI H.U.,HÖHN H., 1996b.-Modelling spring emergence of the apple sawfly Hoplocampa testudineaKlug (Hymenoptera, Tenthredinidae).-Acta Horticulturae, 416: 263-271.
GRAF B.,HÖPLI H.U.,HÖHN H.,2001.-The apple sawfly, Hoplocampa testudinea: temperature effects on adult life-span and reproduction.-Entomologia Experimentalis et Ap-plicata, 98: 377-380.
GRAF B.,HÖPLI H.U.,HÖHN H., 2002.-The apple sawfly, Hoplocampa testudinea: egg development and forecasting of egg hatch.-Entomologia Experimentalis et Applicata, 105: 55-60.
TRAPMAN M.C.,2016a.-The development of a dynamic simulation model for the biology of the apple sawfly (Hoplocampa testudinea), and the implementation as decision support system, pp. 60-68.In: Proceedings of the 17thinternational conference on organic fruit-growing, February 15-17, University of Hohenheim, Stuttgart, Germany.