Erdbeermehltau – fruitweb Prognosemodell

Das fruitweb Modell zum Echten Mehltau der Erdbeere (Podosphaera aphanis) dient dazu das tägliche Infektgrionsrisiko dieser Pilzkrankheit anhand von Wetterdaten abzuschätzen. Das Modell ermöglicht es, Phasen mit erhöhtem Infektionsrisiko zu identifizieren und dadurch Pflanzenschutzmaßnahmen besser auf die tatsächlichen Gegebenheiten im Bestand abzustimmen.
Zusätzlich ist es möglich, das vom Landratsamt Karlsruhe, Landwirtschaftsamt  (Arno Fried) in Zusammenarbeit mit der LTZ Augustenberg getestete empirische Modell, zu nutzen. Es berechnet, welche Spritzabstände im Folientunnel bei anfälligen remontierenden Sorten zu wählen sind, um den Mehltaubefall in erster Linie an den Beeren und anderen Pflanzenteilen  zu minimieren.

Benötigte Wetterparameter:

  • Lufttemperatur
  • relative Luftfeuchtigkeit

Optionale Wetterparameter

  • Blattnässedauer

Einsatzbereich

Die beiden Modelle wurden für den Einsatz im Folientunnel bzw. Gewächshaus entwickelt. Sie können auch im Freiland eingesetzt werden. Allerdings wird der Parameter Regen derzeit nicht berücksichtigt. Da dieser einen großen Einfluss auf die Entwicklung des Echten Mehltaus der Erdbeere hat sind die Aussagen im Freiland noch nicht ausreichend getestet.

Funktionsweise des Modells

fruitweb Erdbeermehltau Infektionsbedingungen

Abb 1: Das Modell berechnet jeden Tag das Infektionsrisiko für Mehltau (rote Linie in der oberen Zeile). Je höher die Linie steigt, desto größer ist das Infektionsrisiko. Darunter findet sich der Verlauf der entscheidenden Wetterparameter Temperatur (rote Linie) und relative Luftfeuchtigkeit (graue Fläche).

Infektionsbedingungen

Im fruitweb Modell wird anhand der Temperatur und der relativen Luftfeuchtigkeit für jeden Tag das Infektionsrisiko berechnet (rote Linie, obere Zeile). Je höher die rote Linie an einem Tag steigt, desto größer ist das Infektionsrisiko. Die Berechnung beginnt immer um 18 Uhr. Voraussetzung für eine Infektion ist eine relative Luftfeuchtigkeit von mindesten 60%. Je höher die relative Luftfeuchtigkeit steigt (ohne Tau zu bilden), desto mehr Sporen beginnen zu keimen. Auf die Geschwindigkeit der Sporenkeimung hat die relative Luftfeuchtigkeit dagegen keinen Einfluss. Diese wird ausschließlich durch die Temperatur bestimmt. Der optimale Bereich liegt zwischen 18 und 22°C.

In der Regel verhalten sich die relative Luftfeuchtigkeit und die Temperatur in der Nacht gegenläufig, d.h. die relative Luftfeuchtigkeit steigt zum Abend und in der Nacht an und bewegt sich damit oft in den optimalen Bereich von über 90%. Demgegenüber fällt die Lufttemperatur meist ab, was die Sporenkeimung verlangsamt. Optimale Infektionsbedingungen herrschen also, bei hoher relativer Luftfeuchtigkeit und Temperaturen um die 20°C.

Bestimmung der Spritzabstände

In Großbritannien wurde ein Modell entwickelt, mit dem die Spritzabstände bei der Regulierung des Erdbeermehltaus in Folientunnel optimiert werden können (Dodgson et.al 2021). Versuche des LRA Karlsruhe an der LTZ Augustenberg zeigten jedoch, dass eine direkte Übertragbarkeit des Modells auf die Anbausysteme in Deutschland nicht gegeben ist. Mit einerAnpassung konnte in den Versuchsjahren 2023 und 2024 jedoch sehr gute Ergebnisse erzielt werden (Fried, A. 2025).

Dabei werden ab der letzten Spritzung die Stunden mit Temperaturen zwischen 15.5 und 30°C und einer relativen Luftfeuchtigkeit von über 60% aufsummiert. Sobald der Wert von 100 Stunden erreicht wird ist bei anfälligen Sorten im Folientunnel eine erneute Spritzung empfehlenswert. In der Periode ab Ende Juni führte dies in den Versuchen 2024 zu Spritzabständen von 5 bis 10 Tagen.

Erdbeermehltau Spritzmodell

Abb 2: Im Modell können die Spritzungen eingegeben werden. Die blaue Fläche zeigt die aufsummierten kritischen Stunden an. Bei anfälligen Sorten, ist bei Erreichen von 100 Stunden eine erneute Spritzung empfehlenswert.

Dieses Modell ist ein empirisches Modell. Es berücksichtigt indirekt den Wirt (Zuwachs der Erdbeerpflanze), den Erreger (Infektionsbedingungen) und die Spritzungen (Belagsdauer, Wirksamkeit der zulässigen Mehltau-Präparate). Es ist jedoch zu beachten, dass die Wirksamkeit der Mehltau-Präparate sehr unterschiedlich ist und deshalb Folgebehandlungen nicht nur von der Berechnung des Modells abhängig sind.

Kombinierte Nutzung von fruitweb Modell und Spritzmodell

Für die Zeit vor Ende Juni macht es Sinn nicht nur auf das Spritzmodell zurückzugreifen, sondern stärker das fruitweb Modell mit einzubeziehen. In der Periode von März bis Juni sorgen die Witterungsbedingungen immer wieder dafür, dass das Spritzmodell Abstände von 20 und mehr Tagen anzeigt. Dies kann in vielen Fällen zwar realistisch sein. Es reichen jedoch nur wenige Tage mit Infektionsbedingungen in dieser Periode, um einen Mehltaubefall herbeizuführen. Das fruitweb Infektionsmodell macht auf solche Ereignisse aufmerksam und ermöglicht ein Gegensteuern.

Erdbeermehltau Problem Spritzmodell

Abb 3: In diesem Beispiel errechnet das Spritzmodell einen Spritzabstand von 18 Tagen. Laut fruitweb Infektionsmodell kam es am 16. Tag nach der Spritzung allerdings zu Infektionsbedingungen, die von der Behandlung sicher nicht mehr abgedeckt worden wäre. Umgekehrt hätte ohne diese Infektion am 16. Tag laut fruitweb Modell weiter zugewartet werden können.

Anpassung der Pflanzenschutzstrategie und Kulturführung an den Infektionsdruck

Im Verlauf der Pflanzenschutzsaison unterliegt der Infektionsdruck in erster Linie den witterungsbedingten Schwankungen. Grundsätzlich steigt das Risiko im Laufe der Saison an und ist in der Regel im Juli und August am höchsten. Das fruitweb Modell ermöglicht es Phasen mit keinem bzw. niedrigem, mittlerem und hohem Infektionsdruck zu identifizieren und die Pflanzenschutzstrategie und die Kulturführung (Lüftungsmanagement) entsprechend anzupassen. (Siehe Grafik mit den Hintergründen grün: keine bis niedrige Gefahr, orange: mittlere Gefahr, hellrot: hohe Gefahr)

Das gilt zum einen für die Häufigkeit der Spritzungen und zum anderen für die Wahl der eingesetzten Mittel. Dadurch können Spritzmittelrückstände und die Gefahr von Resistenzbildungen minimiert und die Effektivität des Pflanzenschutzes maximiert werden. Aber auch eine Verbesserung des Lüftungsmanagement lässt sich mit den gewonnenen Erkenntnissen erreichen.

Erdbeermehltau Phasen mit unterschiedlichem Infektionsdruck

Abb 4: Die Phase mit sehr hohem Infektionsdruck (orange und rot) beginnt in der Regel irgendwann zwischen Anfang und Ende Juni. In den Monaten davor gibt es immer wieder längere Perioden mit geringem Infektionsdruck (grün). Je nach Jahr und Lüftungsmanagement ist es aber möglich auch in den Monaten April und Mai Phasen mit hohem Druck zu haben.

Das Problem mit der Wettervorhersage

Da für die Regulierung des Echten Mehltaus an der Erdbeere keine kurativen Pflanzenschutzmittel zur Verfügung stehen, sind wir bei der Prognose der Infektionsbedingungen auf eine Wettervorhersage angewiesen. Diese steht im Augenblick leider nur für die Witterung außerhalb des Tunnels zur Verfügung. Die Erfahrungen aus den Jahren 2022 bis 2024 haben gezeigt, dass die Prognosen außerhalb des Tunnels eine befriedigende Einschätzung der Infektionsbedingungen ermöglicht. Wir sind jedoch bestrebt die Aussagekraft des fruitweb Modells und des Spritzmodells weiter zu verbessern, und werden in 2025 deshalb mit Hilfe von KI eine individuelle Wetterprognose für jeden Folientunnel entwickeln und 2026 als Service anbieten.

Literatur

Dodgson, J. L., Liu, B., Wileman, H. J., Mutasa-Gottgens, E. S., & Hall, A. M. (2021). Development and evaluation of a decision prediction tool for the reduction of fungicide applications for the control of strawberry powdery mildew epidemics. bioRxiv, 2021-08.

Fried, A., Schell, E., Steinecke, G. (2025), Erdbeermehltau-Regulierung im Freiland und im geschützten Anbau, Vortrag Bundesbeerenobstseminar am 6.2.2025, Übergebietliche Pflanzenschutzberatung Obstbau, Landwirtschaftsamt Bruchsal

Peries, O. S. (1962). Studies on strawberry mildew, caused by Sphaerotheca macularis (Wallr. ex Fries) Jaczewski* I. Biology of the fungus. Annals of Applied Biology, 50(2), 211-224.